BDW

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Dear Ambassador Lars Danielsson, Permanent Representative of Sweden to the European Union,
Dear MEP Markus Pieper,
Dear MEP Christian-Silviu Buşoi,
Dear Commissioner Kadri Simson,
Dear EVP Frans Timmermans,
Dear Commissioner Virginijus Sinkevičius,
Cc: MEP Nils Torvalds, MEP Pascal Canfin, Shadow rapporteurs from the ITRE
Committee for the revision of the Renewable Energy Directive.

Wir wenden uns im Namen der über 25.000 Betreiber von Wasserkraftanlagen und dem
Zusammenschluss der Interessenvertreter aller Erneuerbaren Energien in Deutschland und in
Europa an Sie. Für eine sichere und auf allen Erneuerbaren Energien in gleichberechtigter Weise
basierende Energieversorgung muss an den Zielen des GreenDeal und REPowerEU festgehalten
werden!

Wir bitten Sie daher in den bevorstehenden Trilog-Verhandlungen folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Wasserkraft muss, wie alle anderen Erneuerbaren Energien, Teil der acceleration areas werden. Im Kern geht es darum, die dringend benötigte Verfahrensbeschleunigung umzusetzen, und keineswegs darum, bestehende ökologische Regularien zu umgehen. Die Wasserkraft erzeugt 1/3 des erneuerbaren Stromes und leistet als zuverlässig zur Verfügung stehender Energieträger einen wichtigen Beitrag in dem zunehmend von volatilen Energieerzeugern geprägten Strommarkt der Zukunft. Sie trägt außerdem durch Maßnahmen zur Erreichung der Gewässerdurchgängigkeit zur Zielerreichung der Wasserrahmenrichtlinie bei. Die Einschränkungen in Artikel 29b der RED sind daher zu streichen.
  • Es dürfen keine weiteren Einschränkungen oder Verschärfungen zu den bereits umfassend für die Wasserkraft bestehenden Regularien hinzugefügt werden. Die RED darf nicht dazu genutzt werden, den Fortbestand und Ausbau wichtiger Erneuerbaren wie der Wasserkraft zu behindern. Dem Vorschlag des Europäischen Rates1, Wasserkraft von den Bestimmungen der RED auszuschließen darf nicht gefolgt werden.

Wasserkraft ist in Europa zentrale und beständige Erneuerbare Energie

Wasserkraft liefert derzeit rund 32% des erneuerbaren Stroms in Europa.2 Ihre Stetigkeit und gute Vorhersagbarkeit sind zentral im Mix der volatilen Erneuerbaren und machen sie zu einer der wichtigsten erneuerbaren Energien. Sie spart kontinuierlich und unmittelbar Kohle-, Gas- und Atomstrom ein, besitzt zudem das höchste CO2-Vermeidungsäquivalent aller erneuerbaren Energien und trägt damit sehr effektiv zur Einsparung von Treibhausgasen und zum Klimaschutz bei.3 Wasserkraft weist zusammen mit der Windkraft die geringsten Umweltkosten4 und den
höchsten Erntefaktor unter den Stromerzeugungsmethoden auf. Methanemissionen treten insbesondere bei Kleinwasserkraftanlagen und Gebirgsanlagen in keinem über das natürliche Auftreten hinausgehende Ausmaß auf.

Wasserkraft hilft gesamtgesellschaftliche Kosten zu senken, da sie maßgeblich zur Netzstabilisation5,6 beiträgt und den Netzzugang volatiler erneuerbarer Anteile erleichtert. Durch den Beitrag der Wasserkraft in Europa sinken die Stromkosten, da die Technologie effizient,
ausgereift und bewährt ist und keine versteckten Kosten für Beschaffung und Entsorgung entstehen. Stromgestehungskosten sind bei Wasserkraft aufgrund der guten Regelbarkeit und langen Betriebsdauer vergleichsweise niedrig. Darüber hinaus hat Kleinwasserkraft in den europäischen Mitgliedsstaaten im Gegensatz zur fossilen Energieerzeugung keinerlei negative Auswirkungen auf Menschenrechte.

Die genannten Eigenschaften von Wasserkraft und ihr überaus großes Potential in der EU77 machen sie zu einem Schlüssel für den Erfolg wichtiger Ziele der EU wie Klimaneutralität, Energieunabhängigkeit und Frieden (GreenDeal & REPowerEU). Alle Nationen, die es geschafft haben im Stromsektor klimaneutral zu werden, haben einen herausragenden Anteil an Wasserkraftstrom.

–>Eine generalisierte Einschränkung der Wasserkraftnutzung zu fordern, ist unverantwortlich.

Mit Wasserkraft werden die ökologischen Ziele erreicht

Wasserkraft hat, wie jede Infrastruktur, Auswirkungen auf ihr Umfeld. Da die Technologie seit Jahrhunderten genutzt wird, wurde viel Forschung und Entwicklung im Bereich der gewässerökologischen Anpassung betrieben. Wasserkraftnutzung und ein guter ökologischer Zustand nach Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist mit den richtigen begleitenden Maßnahmen fast immer zu erreichen. In den vergangenen Jahren wurden vielfältige Vermeidungsmaßnahmen entwickelt, die die Eingriffe der Wasserkraft in Gewässer weitestgehend minimieren, so dass selbst bei intensiver Nutzung die ökologischen Ziele erreicht und Umweltnormen seitens der Wasserkraft vollständig eingehalten werden8.

In Europa gab es Anfang des 20. Jahrhunderts ca. 600.000 Wasserkraftanlagen, die bis zur Mitte des Jahrhunderts weitgehend Bestand hatten9, und der Fischbestand war überwiegend gut. Heute sind es nur noch ca. 25.000 Anlagen. Einen Zusammenhang zwischen dem Populationsrückgang
von Langdistanzwanderfischen und der Wasserkraft herzustellen, ist daher nicht kausal und greift viel zu kurz. Langdistanzwanderfische werden zudem an vielen modernen Anlagentypen nahezu schadlos vorbeigeleitet.

–>Wasserkraft ist mit den richtigen Maßnahmen vollkommen verträglich mit der Gewässerökologie. Wir fordern, die Genehmigungen unter Berücksichtigung ökologischer Verträglichkeit zu beschleunigen (=acceleration areas).

Werden frei fließende Flüsse propagiert, so ist es geboten, nicht in Romantizismus zu verfallen:
Die meisten Wehre wurden aus Gründen der Bewässerung, Grundwasseraufhöhung, Rückhalt von
Wasser in Trockenzeiten, Hochwasserregulierung, Trinkwassergewinnung etc. gebaut – besonders relevante gesamtgesellschaftliche Nutzungen in Zeiten des Klimawandels10. Nur ein Bruchteil dieser Wehre wird derzeit für die Wasserkraft genutzt.

Durch den Rückbau von Querbauwerken und Parallelstrukturen im Fließgewässer (Mühlgräben & Altbäche) wurde schon in den letzten fünfzig Jahren der Lebensraum Wasser dezimiert. Mit dem weiteren Rückbau von Querbauwerken wird nicht nur der Energiegewinnung geschadet, sondern
durch den damit einhergehenden Lebensraumverlust und die Grundwasserabsenkung auch allen aquatisch gebundenen Lebewesen direkt Schaden zugefügt.

Der Beitrag von Wehren zur Klimaanpassung gewinnt mit dem Klimawandel zunehmend an Relevanz, um Leben zu schützen und Lebensräume für die Natur zu erhalten. Dieses in kosteneffizienter Weise zu erreichen, wird ein wesentlicher Baustein bei der zukünftigen Ausrichtung der Wasserwirtschaft sein11. Nur wenn wir technische und ökologische Maßnahmen miteinander bestmöglich verbinden, bleiben Lebensgrundlagen für Mensch und Natur bei zunehmendem Klimastress erhalten12.

–> Wasserkraft ist Klimaschutz und Klimaanpassung

Gerade an bestehenden Wehren bestehen noch erhebliche ungenutzte Potentiale für das Repowering. Aufgrund der unterschiedlichen geographischen und ökologischen Gegebenheiten im Verlauf der Flüsse sind immer Einzelfallbetrachtungen und keine Generalisierungen geboten.
Einige Länder haben ihre ökologisch verträglichen Wasserkraftpotentiale13,14 ermittelt – diese Potentiale sollten im Zuge der Energiekrise in beschleunigten Verfahren ihre Umsetzung finden.

Wasserkraft ist regionale Wertschöpfung und Bürgerenergie

Die Wasserkraft ist in Europa tief verwurzelt und hat eine lange Tradition. Über 70% der weltweiten Wasserkrafttechnologie stammt aus Europa, und jedes Land der EU hat seine eigenen Anlagen und Anlagenhersteller, was Arbeitsplätze und Wertschöpfung vor Ort schafft.
Wasserkraft ist besonders in kleinem Maßstab ein Vorbild für Bürgerenergie und krisensichere dezentrale Erzeugung gerade in strukturschwachen Räumen. Sie ist seit Jahrzehnten Teil unserer Landschaft und begründet und fördert die generelle Akzeptanz für alle Erneuerbare Energien.

Mit freundlichen Grüßen

  1. März 2023
  1. 2021 0218(COD)-16h50-24_01_2023 (full after ITM9), Article 1, first paragraph, point (5)(c), amending
    provision, numbered paragraph (8), first paragraph b(1), 123d ↩︎
  2. https://ec.europa.eu/eurostat/ ↩︎
  3. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018-10-22_climate-change_23-
    2018_emissionsbilanz_erneuerbarer_energien_2017_fin.pdf ↩︎
  4. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/methodenkonvention-umweltkosten ↩︎
  5. https://www.wasserkraft-deutschland.de/fileadmin/PDF/BDW_Vortrag_Zdrallek_Vorstellung_des_Gutachtens.pdf ↩︎
  6. Einleitung der DIN 19752 „Wasserkraftanlagen – Planung, Vorhabenrealisierung und Betrieb“ ↩︎
  7. Kleinwasserkraft hat in der EU ein zusätzliches Potential von dem dreifachen des deutschen Stromverbrauches.
    Selbst unter strengsten ökologischen Auflagen wurde ein Potential von 79 TWh ermittelt: Water Resources
    Management: https://doi.org/10.1007/s11269-022-03084-6 ↩︎
  8. DWA-M 509 – Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbare Bauwerke (5/2014) ↩︎
  9. Jeremy Rifkin: THE EMPATHIC CIVILIZATION – THE RACE TO GLOBAL CONSCIOUSNESS IN A WORLD
    IN CRISIS, Jeremy P. Tarcher / Penguin, New York, 2009 ↩︎
  10. Dazu kommen gewässerökologische Vorteile der Wehre, die Arten betreffen, die nicht wandern, sondern
    standorttreu und auf Spezialhabitate angewiesen sind und für die die „Vernetzung“ zum Problem wird z.B. durch
    invasive Arten. ↩︎
  11. https://www.na ture.com/articles/s41558-022-01540-0 ↩︎
  12. https://www.wasserkraft-deutschland.de/presse/stellungnahmen/osterpaket-1-1-2-1.html ↩︎
  13. https://www.energieatlas-bw.de/wasser ↩︎
  14. Kleinwasserkraft hat in der EU ein zusätzliches Potential von dem dreifachen des deutschen Stromverbrauches
    (1710 TWh/a). Selbst unter strengsten ökologischen Auflagen wurde ein Potential von 79 TWh ermittelt: Water
    Resources Management: https://doi.org/10.1007/s11269-022-03084-6 ↩︎

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