Keine Diskriminierung der regenerativen Wasserkraftanlagen im EEG 2023

Das Osterpaket der Bundesregierung sieht vor, Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 501 kW „aus ökologischen Gründen“ aus dem Fördermechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2023 herauszunehmen. Darüber hinaus soll der Erhalt der EEG-Vergütung an wasserhaushaltsrechtliche Vorgaben geknüpft werden und der Ausbau der Wasserkraft nicht im überragenden öffentlichen Interesse stehen als Korrektiv zu einer möglichen Abweichung von den Bewirtschaftungszielen nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).

Diese Änderungen sind unter keinem sachlichen Gesichtspunkt zu rechtfertigen. Die Auswirkungen sind jedoch erheblich, da sie einen Großteil der Wasserkraftstandorte betreffen würden. Rund 90 Prozent der Wasserkraftanlagen in Deutschland, also insgesamt ca. 7.300 mittelständische Anlagen, haben eine Leistung unter 500 kW.

Es ist eine nicht tragbare Verschlechterung für die Wasserkraft, die nicht nur das Potenzial hat, einen Neubau von Anlagen und die notwendige Modernisierung von bestehenden Anlagen zu verhindern, sondern kurz- bis mittelfristig auch den kompletten Anlagenbestand zu gefährden. Als Begründung für diese drastische Schlechterstellung wird der behauptete negative Einfluss auf die Gewässerökologie, die vermeintlichen Vorgaben der WRRL und die Quantität der Stromerzeugung aus Wasserkraft herangezogen.

Die vorgesehenen Änderungen zur Wasserkraft lassen sich weder politisch noch rechtlich rechtfertigen. Die Wasserkraft darf gegenüber den sonstigen regenerativen Energien nicht schlechter behandelt werden. Die beabsichtigten Änderungen müssen daher u.a. aus folgenden Gründen unverzüglich gestrichen werden:

  1. Die WRRL verfolgt nicht das Ziel, menschliche Einflüsse auf Gewässer rückgängig zu machen. Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung schließt die Erhaltung der vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten, auch der Wasserkraftnutzung, ein. Dem sollte sich der Gesetzgeber auch verpflichtet fühlen.
  2. Die EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien bezieht ausdrücklich auch kleine Anlagen in das Gesamtkonzept einer Förderung Erneuerbarer Energien mit ein. Dabei wird die Wasserkraft weder als Ganzes noch werden Anlagen unterhalb einer bestimmten installierten Leistung ausgenommen. Allein die Menge des erzeugten Stroms ist danach nicht der alles entscheidende Faktor. Die Energiewende verlangt eine Diversifizierung und Dezentralisierung der Erzeugungsstrukturen.
  3. Die ökologischen Auswirkungen einer Wasserkraftanlage auf das Gewässerökosystem lassen sich nur standörtlich und einzelfallbezogen beurteilen. Der pauschale Vorwurf, dass kleine Wasserkraftanlagen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Gewässerökologie und der Biodiversität in den Gewässern führen, mit dem Ergebnis, dass der von der WRRL geforderte gute ökologische Zustand nicht erreicht werden kann, ist sachlich und fachlich nicht haltbar. Vielmehr ist die mögliche ökologische Beeinträchtigung oder deren Kompensation für jede Wasserkraftnutzung im Einzelnen und unter Berücksichtigung der insgesamt vorhandenen Einflüsse auf das Fließgewässer zu beurteilen.
  4. Die generelle Verknüpfung der EEG-Vergütung im Bereich der Wasserkraft mit den wasserhaushaltsrechtlichen Anforderungen an Wasserkraftanlagen ist weder systematisch noch aus Gründen der Gleichbehandlung geboten. Vollzugsdefizite in der Umsetzung der Vorgaben der WRRL dürfen nicht über aufgestellte Bedingungen zum Erhalt der EEG-Vergütung (über-)kompensiert werden. Bereits heute wird die Gewässerökologie über das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und die jeweiligen Landeswassergesetzen technologieoffen und nachhaltig geschützt. Die Verknüpfung von wasserwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Anforderungen mit der EEG-Vergütung begründet eine nicht zu rechtfertigende Sanktion. Bei keiner anderen Erneuerbaren Energieform wird die Einhaltung fachgesetzlicher Anforderungen mit der EEG-Vergütung verknüpft. Hierin liegt zugleich eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor.
  5. Die pauschale Festlegung, dass die Wasserkraftnutzung im Gegensatz zu den anderen Erneuerbaren Energien nicht im überragenden öffentlichen Interesse liegt, um eine Ausnahme von den Bewirtschaftungszielen nach der WRRL begründen zu können, ist im Angesicht der Energiekrise nicht zu begründen und auch mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Es ist eine politische Vereitelungsfunktion, die in ihrer Absolutheit auch der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie widerspricht. Der Bau einer Wasserkraftanlage kann im übergeordneten öffentlichen Interesse liegen, wie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 4. Mai 2016 zur Schwarzen Sulm gezeigt hat.

Der Kabinettsbeschluss zur Änderung des EEG 2023 und des WHG ist mit Blick auf die Regelungen zur Wasserkraft eine beispiellose Diskriminierung, die sachlich nicht hinnehmbar und völlig fehlgeleitet ist, da aktuell jede regenerative Kilowattstunde zählt, um die Importabhängigkeit im Energiesektor zu senken.

Wir fordern,

  1. den Förderstopp für kleine Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 501 Kilowatt ab dem Jahr 2023 zu revidieren. Die Änderung in § 40 Abs. 1 EEG muss gestrichen werden;
  2. die unnötige und fachlich nicht begründbare Verknüpfung von Förder- (EEG) und Fachrecht (WHG) einschließlich der Sanktionierungsmaßnahmen wieder rückgängig zu machen. Die Änderungen in § 40 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 4a EEG sowie § 35a WHG müssen gestrichen werden;
  3. das überragende öffentliche Interesse an der Wasserkraft in gleicher Weise wie bei allen anderen Erneuerbaren Energien anzuerkennen und nicht durch eine Änderung im WHG für die Wasserkraft im gleichen Atemzug wieder zu kassieren. Die Änderung in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WHG muss wieder gestrichen werden;
  4. stattdessen Anreize für die Modernisierung von Bestandsanlagen und den gewässerverträglichen Aus- und Neubau an bereits bestehenden Querbauwerke zu setzen.

Langfassung der Erklärung