Der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke e.V. (BDW) bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen der Verbändeanhörung zum Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Geothermie-Anlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher (GeoWG). Generell kommt der Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren eine zentrale Bedeutung für den Ausbau Erneuerbarer Energien und das Gelingen der Energiewende zu. Das gilt insbesondere auch für die erneuerbare Wärmewende, die bisher im Vergleich zum Stromsektor nur unzureichend vorangeschritten ist und deren Umsetzung aufgrund nicht ausreichender wirtschaftlicher An-reize, v. a. aber wegen hoher regulatorischer Hürden und Hemmnisse in den Genehmigungsverfahren be-, teils sogar verhindert wird. Dabei kann die erneuerbare Wärme einen großen Beitrag zur Dekarbonisierung unserer Energieversorgung leisten, die es gilt, vollumfänglich zu nutzen.
Vor diesem Hintergrund begrüßt der BDW das Legislativvorhaben und den vorliegenden Gesetzesentwurf zum GeoWG. Allerdings ist dieser lediglich auf die Geothermie und ihr zugehöriger Technologien beschränkt. Wichtige weitere Optionen zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung wie die Aquathermie zur Nutzung der Wärmepotenziale unserer Fließgewässer, die einen enormen Hebel für das Gelingen der Wärmewende entfalten können, werden in dem Gesetzesentwurf bisher nicht adressiert. Hier sehen wir dringenden Handlungs- und Ergänzungsbedarf, um auch diese wichtige Technologie für die Wärmewende in Deutschland besser nutzbar zu machen und deren große Potenziale zu heben. Der BDW empfiehlt daher, mit der folgenden Stellungnahme, diese Lücke zu schließen und den vorliegenden Gesetzentwurf um Regelungen zur Flusswärmenutzung zu ergänzen. Entsprechende Änderungen sollten sowohl in dem zentral vorgesehenen Stammgesetz (Begründung und Zielsetzung) sowie spezifisch im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vorgesehen werden.
Die Potenziale der Aquathermie durch die Nutzung der vorhandenen Flusswärme mittels Wärmepumpen an Fließgewässern sind signifikant. Kürzlich veröffentlichte Ergebnisse einer Studie der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (FfE) für Bayern zeigen, dass nahezu 20 % der bayerischen Städte und Gemeinden ihren Wärmebedarf bei einer angenommen Gewässerabkühlung um 1,5 Grad bei vollständiger Nutzung des Potenzials ganzjährig decken könnten1. Eine derzeit in Erarbeitung befindliche Studie der Technischen Universität Braunschweig bestätigt diese großen Potenziale durch erste, bereits vorliegende Zwischenergebnisse auch für ganz Deutschland. Demnach verfügen Fließgewässer bei einer einmaligen Nutzung und Abkühlung um 2 Grad über das thermische Potenzial, bis zu rd. 430 TWh/a. und damit knapp 32 Prozent des Gesamtwärmebedarfs in Deutschland zu liefern2. Die Technologie ist ausgereift, hoch effizient und steht praxistauglich sowohl für kleinere lokale Lösungen als auch in großem Maßstab zum Betrieb von Nahwärmenetzen und Lösungen zur Quartiersversorgung zur Verfügung. Genehmigungserleichterungen wären ein wichtiger Baustein, um die großen Potenziale der Flusswärme nutzbar zu machen.
Die Nutzung der Flusswärme bringt gleichzeitig erhebliche gewässerökologische Vorteile mit sich, da der zunehmenden Überhitzung der Oberflächengewässer durch den Klimawandel entgegenwirkt und die Wasserkörper abgekühlt werden. Nahezu alle Oberflächengewässer sind gegenüber den langjährigen Mittelwerten um 2-4 Grad zu warm3. Dadurch verschwinden besonders die Kälte liebenden rheophilen Arten in großem Umfang und unerwünschte gewässerbiologische Prozesse tragen zusammen mit Verunreinigungen zur Sauerstoffzehrung sowie zu nachteiligen Veränderungen der Gewässergüte und der Artenzusammensetzung bei. Eine Abkühlung der Fließgewässer um bis zu 2 Grad sollte daher bei Genehmigungen von Flusswärmenutzungen ermöglicht werden. Dies würde sowohl eine effektive Nutzung der energetischen Potenziale der Flusswärme als auch der gewässerökologischen Vorteile einer Gewässerabkühlung durch die Aquathermie erlauben.
Es erscheint somit nur sinnvoll, diese Synergieeffekte zu nutzen, um einen Teil der Wärme den überhitzten Gewässern wieder zu entziehen. Dafür können vorzugsweise die Standorte der Wasserkraftanlagen genutzt werden, die bereits über Einlaufbauwerke mit Entnahmeeinrichtungen, Vorreinigung und Fischschutzanlagen verfügen und an rd. 7.500 Standorten in Deutschland dezentral in der Fläche, gewässerökologisch verträglich vorhanden sind. Diese Standorte liegen zudem häufig prädestiniert für die Flusswärmenutzung in Städten und Gemeinden, die sich vielfach an Flüssen befinden und in denen der Wärmebedarf besteht. Gleichzeitig verfügen diese Standorte über die erneuerbare Stromerzeugung, die für eine klimaneutrale Wärmeerzeugung notwendig ist. Die Verwendung des Flusswassers mit Entnahme und direkter Wiedereinleitung des gleichen, dann abgekühlten Wassers schließen Gewässerverunreinigungen aus, ermöglichen aber eine gleichzeitige Nutzung des gewässerökologisch gewünschten Abkühlungseffekts. Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanungen sollte deshalb diese Form der Wärmeversorgung intensiv geprüft werden.
Wir schlagen daher die folgenden Ergänzungen des Gesetzentwurfs zum GeoWG vor:
Artikel 3
Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
- In § 11a WHG Abs. (1) wird in Satz 1 Nr. 2 die folgende Ergänzung vorgenommen:
„2. Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Gewinnung von Flusswärme und Erdwärme, wenn ein bergrechtlicher Betriebsplan nicht erforderlich ist. - In § 36 WHG wird nach Abs. (1) folgender neuer Satz 4 angefügt:
„4. Die Entnahme- und Wiedereinleitungsbauwerke zur Gewinnung von Flusswärme, die gleichzeitig auch zu einer Abkühlung des Gewässers beitragen.“ - In § 36 WHG wird nach Abs. (3) folgender neuer Abs. (4) angefügt:
„(4) Entnahme- und Wiedereinleitungen zum Zwecke der Flusswärmegewinnung, die gleichzeitig zur gewässerökologisch gewünschten Abkühlung des Gewässers beiträgt, ist nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten. Steht die Flusswärmegewinnung und Gewässerabkühlung in Verbindung mit einer bestehenden Gewässerbenutzung, so ist keine gesonderte Genehmigung erforderlich.“
Um die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung weiter voranzubringen, wird vorgeschlagen, neben der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für die oberflächennahe und die Tiefen-Geothermie auch die Beschleunigung von Genehmigungen weiterer Optionen erneuerbarer Wärmeversorgung zu nutzen, insbesondere die der Flusswärme. Dazu sollte der Gesetzentwurf des GeoWG um die o. a. Regelungen zur Genehmigungserleichterung für die Aquathermie ergänzt werden. Die Nutzung der Flusswärme bietet signifikante Potenziale sowohl für das Gelingen der Wärmewende als auch zur Verbesserung der Gewässerökologie. Die großen Chancen dieser Technologie sollten genutzt und gefördert werden.
Für Erläuterungen dieser Ergänzungs-Vorschläge des Gesetzentwurfs zum GeoWG und zur Klärung etwaiger Rückfragen stehen wir gern unter den u. a. Kontaktdaten zur Verfügung.
Ansprechpartner:
Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V.
EUREF-Campus 16 – 10829 Berlin
Tel.: +49 (0)30 – 278 794 30
info(at)wasserkraft-deutschland.de
http://www.wasserkraft-deutschland.de
Dr. Helge Beyer
Geschäftsführer
helge.beyer(at)wasserkraft-deutschland.de
Dr. Ronald Steinhoff
Mitglied des Vorstands
r.steinhoff(at)steinhoff-energie.de
- Forschungsstelle für Energiewirtschaft (Hrsg.): Abschlussbericht zum Projekt Wärmepumpen an Fließgewäs-sern – Analyse des theoretischen Potenzials in Bayern, München, Mai 2024. ↩︎
- Seidel, C.: Wasserkraft – Unterschätzte Wärmequelle, Zeitschrift Stadt & Werk (Ausgabe 3/4 2024), 25.3.2024, Internet: http://www.stadt-und-werk.de/meldung_43411. ↩︎
- Fell, H.-J., Strößenreuther, H. (Hrsg.: Energy Watch Group (EWG)): Wasserstrom – der neue Gamechanger für Klimavorsorge, Heimatenergien und Gewässernatur. Studie der Energy ↩︎