Rolle rückwärts beim Klimaschutz: Millionen kWh CO2-freie, verlässlich verfügbare, flexibel regelbare und netzdienliche Stromerzeugung aus Wasserkraft werden zurück gebaut ++ Gesetzentwurf
des Klimaschutzministeriums zur EEG-Novelle 2023 zerstört die Kleine Wasserkraft ++ Wasserkraftanlagen bis 500 Kilowatt Leistung fallen künftig aus der EEG-Vergütung ++ Kein übergeordnetes öffentliches Interesse für die Wasserkraft ++ Bei Umsetzung droht Rückbau der Kleinen Wasserkraft.
„Jede kWh Erneuerbare Energie zählt!“ – nur nicht die aus Wasserkraft?
Zu verschiedenen Anlässen der vergangenen Wochen hat Bundesminister Robert Habeck zu Recht auf
die gigantische Herausforderung des zur Bekämpfung des Klimawandels so dringend erforderlichen
Ausbaus der Erneuerbaren Energien hingewiesen. Dazu sei jede Kilowattstunde Erneuerbare Energie
notwendig und alle Technologien gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Die aktuelle sicherheitspolitische
Krise verschärft diese Erkenntnis zusätzlich, da wir in hohem Maße abhängig von Importen fossiler
Energieträger sind. Die Bedeutung heimischer Versorgungssicherheit und bezahlbarer Energie wird
auf dramatische Weise wieder ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Angesichts dieser Situation verbietet es sich, die heimischen Erneuerbaren einzuschränken. Aber genau das würde eine Umsetzung
des am 6.4.2022 von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurfes zur Novellierung des EEG
2023 und weiterer Gesetze für die Wasserkraft bewirken! Es ist geradezu paradox, dass nun ausgerechnet die stetig verfügbare, flexibel regelbare, netzstabilisierende und der Versorgungssicherheit
dienende Wasserkraft ausgebremst, schon mittelfristig zurück gebaut und damit langfristig zerstört
werden soll. Das absolute Gegenteil ist erforderlich: Es müssen alle Anstrengungen unternommen
werden, die Wasserkraft zu erhalten und zu unterstützen, damit sie ihre vielfältigen Vorteile für das
zukünftig auf 100% Erneuerbaren beruhende Energiesystem entfalten kann.
EEG-Gesetzentwurf zerstört die Kleine Wasserkraft, anstatt sie zu fördern
Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf der EEG-Novelle 2023 hat zu großer Bestürzung
darüber geführt, dass die Rahmenbedingungen für die Wasserkraft derartig verschlechtert werden
sollen, dass schon mittelfristig eine bestehende, absolut klimafreundliche, leistungsfähige und hocheffiziente Infrastruktur zur Energieerzeugung zerstört wird. So werden mit der Änderung in § 40 Absatz
2 Satz 1 EEG 2023 sowohl zu ertüchtigende Bestandsanlagen als auch neugebaute kleine Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung bis 500 kW mit Inkrafttreten des EEG 2023 künftig von der EEG-Vergütung ausgeschlossen. Dies bedeutet nicht weniger als einen künftigen EEG-Förderstopp für die kleine Wasserkraft.
Betroffen wären schon mittelfristig rd. 90% der insgesamt 7.300 Wasserkraftanlagen in Deutschland, die in die Anlagenklasse bis 500 kW Leistung fallen. Ohne Zukunftsperspektive würden diese Anlagen nicht modernisiert oder neu gebaut, sondern zurück gebaut. Jedes Jahr würden damit zig Millionen Kilowattstunden CO2-freier Strom aus Wasserkraft verloren gehen. Begründet wird
der Förderstopp dabei mit den angeblich „besonderen gewässerökologischen Auswirkungen“ der kleinen Wasserkraft. Dies ist jedoch nicht stichhaltig, da Wasserkraftanlagen schon nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) mit der Einhaltung der Anforderungen aus den §§ 33-35 ihre ökologische Verträglichkeit nachweisen. Ansonsten erhielten diese Anlagen gar keine Betriebsgenehmigung!
Öffentliches Interesse für Erneuerbare Energie „ja“ – aber nicht für die Wasserkraft!?
Dass die bisherigen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Wasserkraft mit dem Förderstopp für
die kleine Wasserkraft nun dramatisch verschlechtert werden sollen, kommt darüber hinaus auch darin zum Ausdruck, dass der Wasserkraft im Gegensatz zu allen anderen Erneuerbaren das im Gesetzentwurf in § 2 EEG 2023 gerade neu verankerte übergeordnete öffentliche Interesse mit einer Ergänzung in § 31 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) direkt wieder abgesprochen wird. Das ist vollkommen unbegründet und stellt eine einseitige Diskriminierung der Wasserkraft dar. Die aktuelle Ukraine-Krise macht doch gerade überdeutlich, wie wichtig eine eigenständige, stabile und krisensichere heimische Energieversorgung für uns ist. Dabei kann gerade die Wasserkraft hier einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten.
Verknüpfung von Förder- und Fachrecht baut unnötige zusätzliche Hürden auf
Darüber hinaus wird die mit dem EEG 2014 aus guten Gründen abgeschaffte Verknüpfung des Förderrechts (EEG) mit dem Fachrecht (WHG) wieder eingeführt und mit weitreichenden Sanktionsregelungen zusätzlich verschärft. So wird mit der Änderung von § 40 Absatz 2 und 4a EEG 2023 die Vergütung von Strom aus Wasserkraft mit der Einhaltung der §§ 33-35 WHG in Verbindung gebracht. Künftig soll eine entsprechende wasserbehördliche Bescheinigung auch bei nicht zulassungspflichtigen Ertüchtigungsmaßnahmen erforderlich werden. Zudem soll künftig auch nach erfolgter Genehmigung und während des laufenden EEG-Vergütungszeitraums bei modernisierten oder auch neu errichteten Anlagen die laufende Vergütung gestrichen werden können.
EEG-Gesetzentwurf ist ein Desaster – Wasserkraft braucht Unterstützung statt Abschaffung!
Diese Änderungen im Gesetzentwurf sind absolut kontraproduktiv im Sinne der klima- und energiepolitischen Zielerreichung und müssen dringend wieder gestrichen werden. Denn gerade die stetig
verfügbare und netzstabilisierende Wasserkraft liegt im übergeordneten öffentlichen Interesse und
dient der öffentlichen Sicherheit. Die Einhaltung der §§ 33-35 WHG ist fachrechtlich hinlänglich geregelt, inklusive empfindlicher Sanktionsmöglichkeiten und bedarf keiner zusätzlichen Verknüpfung mit dem EEG. Zur Erreichung der klima- und energiepolitischen Ziele müssen Anreize für Investitionen in die Ertüchtigung und den Neubau von Wasserkraftanlagen gesetzt werden, anstatt einen Förderstopp auszurufen. Die Ausnahme kleiner Wasserkraftanlagen <500 kW Leistung von der EEG-Vergütung gemäß § 40 EEG 2023 Absatz 1 muss dringend wieder rückgängig gemacht werden. Stattdessen wird empfohlen, eine neue Vergütungsklasse für Wasserkraftanlagen <100 kW einzuführen, deren Wirtschaftlichkeit mit einer kostendeckenden Vergütung von 19,5 €-Cent/kWh herzustellen und die Degression der Vergütung nach Absatz 5 zu streichen. Ziel muss es sein, den Anlagenbestand zu sichern und die Potenziale zur Leistungserhöhung durch die Modernisierung des Bestands und den ökologisch verträglichen Ausbau an bereits bestehenden Stauanlagen zu heben. Denn „jede Kilowattstunde Erneuerbare Energie wird benötigt“, gerade auch die dezentrale, flexible, netzstabilisierende, insel-, notstrom- und schwarzstartfähige Stromerzeugung aus Wasserkraft.
Hintergrundinformationen:
Pressemitteilung BDW (06.04.22)
Pressemitteilung BDW (01.04.22)
Pressemitteilung und Stellungnahme BDW (14.03.22)
Ansprechpartner:
Dr. Helge Beyer
Geschäftsführer
Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V.
EUREF-Campus 16 – 10829 Berlin
Tel.: +49 (0)30 – 278 794 30