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Mit dem Entwurf einer Verordnung zur Wiederherstellung der Natur11 zielt die EU-Kommission auf eine Wiederherstellung von Ökosystemen, Lebensräumen und Arten in den Land- und Meeresgebieten der Europäischen Union, um die langfristige und nachhaltige Erholung einer artenreichen und widerstandsfähigen Natur zu ermöglichen, einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutz- und Klimaanpassungsziele der EU zu leisten und damit gleichzeitig auch internationale Verpflichtungen zu erfüllen. Explizit sollen

  • bis 2030 auf 20 % der Land- und Meeresflächen der EU, Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur ergriffen worden sein sowie u. a.
  • 25.000 km frei fließende Gewässer wiederhergestellt werden.

Der Umbau unserer Energieversorgung hin zu einer klimaneutralen, verschmutzungsfreien und möglichst flächensparenden erneuerbaren Energieproduktion unterstützt bereits die Ziele dieser Verordnung. Klimaschutz und Klimaanpassung, aber auch der Natur- und Artenschutz werden dadurch verbessert. Mit Blick auf das Ziel der frei fließenden Gewässer kommt den bestehenden Querbauwer-ken eine besondere Rolle in Verbindung mit dem Landschaftswasserhaushalt zu. Eine ergänzende energetische Nutzung erhöht deren Bedeutung durch die Produktion CO2-freien Stroms aus Wasser-kraft. Querbauwerke stehen daher nicht per se im Gegensatz zu frei fließenden Gewässern, sondern erfordern lediglich besonderer Maßnahmen, um auch diesem Anspruch gerecht zu werden.

  • In Bezug auf die zukünftig vermehrt auftretenden Hoch- und Niedrigwasserextreme erfüllen Querbauwerke in unseren Fließgewässern wichtige Aufgaben zur Klimaanpassung. Durch einen kontrollierten Energieabbau, die Drosselung der Abflussgeschwindigkeit und den Wasserrückhalt an diesen Bauwerken wird die Resilienz unserer Fließgewässer maßgeblich gestärkt. Die Querbauwerke helfen somit, zukünftige Extremsituationen abzumildern, stabilisieren das Grundwasserniveau, ermöglichen die Grundwasserneubildung in den Auen und verbessern die Wasserverfügbarkeit für die Trink- und Brauchwassergewinnung. Gerade in Niedrigwasserperioden werden durch den Wasserrückhalt der Stauhaltungen die Feuchtgebiete in den Auen erhalten und bilden wichtige Rückzugshabitate für aquatische Lebewesen. Die bestehenden Querbauwerke sollten daher möglichst erhalten, einer energetischen Nutzung zugeführt und – wo noch nicht erfolgt – gewässerökologisch durchgängig gestaltet werden.
  • Querbauwerke sollten nur in Ausnahmefällen und nach Sicherstellung einer genauen Einzelfallprüfung, die die gesamte Gewässerdynamik2 berücksichtigt entfernt werden können. Im Zuge der Energiewende, der erforderlichen Klimaneutralität und in Anerkennung des überragenden öffentlichen Interesses3 Erneuerbarer Energien, sind die energetischen Potenziale vorhandener Querbauwerke eingehend zu prüfen und nutzbar zu machen. Dabei sind auch Aspekte des Hoch-wasserschutzes und Wasserrückhalts einzubeziehen. Erst nach ganzheitlicher Prüfung inkl. der möglichen zukünftigen energetischen Nutzung dürfen Querbauwerke entfernt werden können4
  • Über 3.000 km Betriebsgräben der Laufwasserkraftanlagen stellen wichtige Rückzugshabitate vorwiegend bei extremen Abflusssituationen dar. Die Steuerungsmöglichkeiten der Laufwasser-kraftanlagen sollten daher erweitert und im Falle von Dürre- und Hochwasserereignissen in das Wassermanagement eingebunden werden. Dazu ist die Möglichkeit zu schaffen, Wasserrückhal-tungen temporär aufzuhöhen, um bei Bedarf die Retentionsräume zu erweitern und auch bei extremen Situationen ein natürliches Abflussverhalten zu erreichen. Auf diese Weise unterstützt die Wasserkraftnutzung in Schutzgebieten und gerade bei Dürrezeiten die Gewässerresilienz und trägt maßgeblich zur Erreichung der Schutzziele bei.
  • Fischwege und Fischschutzeinrichtungen nach aktuellen technischen Standards erfüllen die Durchgängigkeitskriterien für frei fließende Gewässer, sichern die Verträglichkeit mit den Vor-gaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie und die Zielerreichung dieses Verordnungsentwurfs. Wasserkraftanlagen an Querbauwerken, die diese Kriterien erfüllen, sind explizit als vereinbar mit den Anforderungen des Nature Restoration Law zu benennen und ihr Bestand zu sichern. Lokale Klimaschutz- und Klimaanpassungsstrategien unterstützen den Natur- und Artenschutz, was auch die Biodiversitätsstrategie anerkennt5. Der Bau von Fischwegen fördert die biologische Durchgängigkeit und muss vorangetrieben werden. Dadurch wird eine Win-win-Situation für die Wiederherstellung der Natur und die Erzeugung Erneuerbarer Energie geschaffen.

Im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes muss der VO-Entwurf Technologieoffenheit wahren und darf keine Erneuerbare einseitig diskriminieren. Die Wasserkraft dient unabhängig von der Anlagengröße wie alle anderen Erneuerbaren dem Klimaschutz und den Erfordernissen der Klimaanpassung. Nutzen wir diese Vorteile!

Ansprechpartner:
Dr. Helge Beyer
Geschäftsführer
Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V.
Tel.: +49 (0)30 – 278 794 30
helge.beyer(at)wasserkraft-deutschland.de

  1. European Commission, GD Energy, Climate Change, Environment: Nature Restoration Law, Internet: https://environment.ec.europa.eu/topics/nature-and-biodiversity/nature-restoration-law_en
    2 Definition der vier Dimensionen „frei fließender Flüsse“: 1. longitudinal (Anbindung flussaufwärts ↩︎
  2. Definition der vier Dimensionen „frei fließender Flüsse“: 1. longitudinal (Anbindung flussaufwärts und
    flussabwärts), 2. lateral (Anbindung an Überschwemmungsflächen und Uferbereiche), 3. vertikal (Anbindung an Grundwasser und Luft), 4. temporal (Anbindung basierend auf der Saisonabhängigkeit der Ströme), Quelle: Eu-ropäische Kommission, GD Energie, Klimawandel, Umwelt, Internet: Leitlinien zur „Beseitigung von Barrieren für die Wiederherstellung von Flüssen“ ↩︎
  3. European Commission, GD Energy, Climate Change, Environment: Nature Restoration Law, Art. 4, 8, c
    Internet: https://environment.ec.europa.eu/topics/nature-and-biodiversity/nature-restoration-law_en ↩︎
  4. Es bedarf zudem einer realistischen und praxistauglichen Definition der bisher unbestimmten Rechtsbegriffe im Verordnungsentwurf (z. B. „obsolete barriers“), um Unsicherheiten in der Praxis zu vermeiden. Dabei ist eine ganzheitliche Sicht auf das Ziel „frei fließender Flüsse“ zentral. ↩︎
  5. “The WFD also recognizes the need to maintain some barriers that serve specific purposes, including in par-ticular…, energy generation,..”; „To summarize, the WFD requires continuity for all EU river water bodies inso-far as necessary to support the achievement of good ecological status, nut not necessarily the complete ab-sence of barriers.” ; “barriers may in some cases be compatible with good status” (European Commission, GD Energy, Climate Change, Environment: Water Framework Directive, Internet: https://environment.ec.eu-ropa.eu/topics/water/water-framework-directive_en ) ↩︎

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