BDW-Stellungnahme zur angeblichen ökologischen Unverträglichkeit als Begründung der EEG 2023-Änderungsvorhaben für die kleine Wasserkraft

Gesetzentwurf zur EEG-Novelle 2023 bedeutet das „Aus“ der kleinen Wasserkraft +++ Angebliche ökologische Unverträglichkeit als Begründung für die Änderungsvorhaben nicht stichhaltig +++ Me-morandum zum politischen Zielkonflikt Klimaschutz versus Biodiversitätsschutz argumentiert ohne Belege bzw. irreführend +++ BDW fordert Streichung der kontraproduktiven Änderungsvorschläge im Gesetzentwurf und stattdessen Unterstützung der kleinen Wasserkraft +++ Nur mit der Wasser-kraft wird die Energiewende gelingen

Änderungsvorhaben der EEG-Novelle 2023 zerstören die kleine Wasserkraft in Deutschland

Mit dem Kabinettsbeschluss des Gesetzentwurfs zur Novelle des EEG 2023 und weiterer Gesetze am 6.4.2022 werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die kleine Wasserkraft in Deutschland dras-tisch verschlechtert. Neben der Aberkennung des übergeordneten öffentlichen Interesses für die Was-serkraft und der völlig unnötigen Verknüpfung von Förder- (EEG) und Fachrecht (WHG) zusammen mit einer Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten, führt insbesondere die Einstellung der EEG-Vergütung für Anlagen bis 500 kW Leistung zu einer drastischen Benachteiligung der Wasserkraft und gegenüber anderen Erneuerbaren völlig unverhältnismäßigen Diskriminierung. Nicht nur, dass diese Änderungen aus rechtlicher Sicht dem durch das Grundgesetz gebotenen allgemeinen Gleichheitsgrundsatz wider-sprechen, so lassen sich darüber hinaus die existenzgefährdenden Einschränkungen auch nicht fachlich oder rechtlich begründen. Es droht der Rückbau einer hoch-effizienten und leistungsfähigen, dezent-ralen Infrastruktur zur erneuerbaren Energieerzeugung und schon mittelfristig das „Aus“ der kleinen Wasserkraft. Angesichts der aktuellen klima- und energiepolitischen Herausforderungen sowie dem hohen Stellenwert einer heimischen Energieversorgung mit bezahlbarer Energie sind die Änderungs-vorhaben absolut kontraproduktiv. Wir benötigen jede kWh Erneuerbare Energie und gerade die der Wasserkraft, die CO2-frei, stetig verfügbar, flexibel regelbar, netzstabilisierend und versorgungssicher erneuerbaren Strom erzeugt, wird abgeschafft. Dabei wird die Wasserkraft für die Erreichung der klima- und energiepolitischen Ziele und das Gelingen der Energiewende dringend gebraucht.

Begründungen der EEG-Änderungsvorschläge für die Wasserkraft sind nicht stichhaltig

Die Änderungsvorschläge des Gesetzentwurfs und insbesondere der Förderstopp für die sogen. kleine Wasserkraft <500 kW werden mit deren angeblichen „besonderen gewässerökologischen Auswirkun-gen“ begründet. Dabei stützt sich die Bundesregierung in ihrer Argumentation maßgeblich auf eine am 4.11.2021 von 65 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler veröffentlichte Stellungnahme mit dem Titel „Memorandum deutscher Fachwissenschaftler:innen zum politischen Zielkonflikt Klimaschutz versus Biodiversitätsschutz bei der Wasserkraft“. Das Papier richtete sich an die Bundesregierung mit dem Ziel, die derzeitige Förderung der kleinen Wasserkraft aus Mitteln des EEG vollständig zu strei-chen. Diese Forderung findet sich nun, lanciert durch einige der großen Umweltverbände und ganz zuletzt eingebracht durch das Bundesumweltministerium (BMUV), tatsächlich im Gesetzentwurf zur Novellierung des EEG 2023 und weiterer Gesetze vom 6.4.2022 wieder. Die Argumentation des Me-morandums basiert dabei vor allem auf zwei Thesen, die angeblich gegen die kleine Wasserkraft spre-chen: Sie sei „unwirtschaftlich, umweltschädlich und nicht ökologisch sanierbar“ und sie sei ein Grund, „dass Deutschland wesentliche Umweltziele im Biodiversitäts- und Gewässerschutz verfehlt“. Beide Thesen werden in den Raum gestellt, aber nicht wissenschaftlich belastbar belegt bzw. wird die Argu-mentation irreführend geführt. Das wird dem Anspruch eines wissenschaftlichen Memorandums nicht gerecht und darf nicht zur Grundlage von Regelungen einer Erneuerbaren-Technologie wie der Was-serkraft im EEG gemacht werden. Dabei ist der Blick auf Fakten und in die Details wichtig, um die rich-tigen Schlüsse zu ziehen.

Energie- und klimapolitische Bedeutung der kleinen Wasserkraft ist signifikant

So wird im Memorandum die Behauptung in den Raum gestellt, die kleine Wasserkraft sei makroöko-nomisch „unwirtschaftlich“ und trüge mit weniger als 0,5% Anteil an der Stromerzeugung kaum zur Energieerzeugung und der Energiewende bei. Einmal davon abgesehen, dass der Anteil an der Erzeu-gung leicht schwankt und durchaus auch schon 0,8% betragen hat, bedeutet dieser auf den ersten Blick klein erscheinende Beitrag zur erneuerbaren Stromerzeugung immerhin die Bereitstellung von rd. 3 Mrd. kWh Erneuerbarer Energie, mit der rd. 1 Mio. durchschnittliche 3-Personen-Haushalte in Deutschland das ganze Jahr über klimafreundlich und versorgungssicher mit erneuerbarer Energie be-liefert werden. Aufgrund des mit rd. 755 g CO2-Äkq./kWh höchsten Vermögens zur Treibhausgasver-meidung aller Energieerzeugungsmethoden überhaupt können damit rd. 3 Mio. t CO2-Emssionen p. a. vermieden werden, mehr als 1% der gesamten deutschen CO2-Emissionen. Multipliziert mit der durch das UBA angegebenen Spanne von 195,- €/t bis 680,- €/t CO2-Vermeidungskosten erspart die kleine Wasserkraft damit jedes Jahr Klimakosten von mindestens 585 Mio. € bis über 2 Mrd. € ein. Auch un-terschlägt die Argumentation des Memorandums die hohe Wertigkeit des Stroms aus Wasserkraft für das Erneuerbare Energiesystem. Denn dieser Strom ist nicht nur CO2-frei, sondern stetig und verlässlich verfügbar, flexibel steuerbar, speicherbar und – dezentral eingespeist – in hohem Maße netzdienlich und -stabilisierend. Die Wasserkraft leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Integration der fluktuie-renden Wind- und Solarenergie in ein künftig auf 100% Erneuerbaren basierendes Energiesystem.

Wasserkraft ist wirtschaftlich, auch die kleine Wasserkraft

Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Wasserkraft von Gewässerökologen und Limnologen überraschen ganz grundsätzlich, ist die Ökonomie doch nicht deren originäre wissenschaftliche Expertise. Die mak-roökonomische Bedeutung der kleinen Wasserkraft wird durch die o. a. Zahlen eigentlich hinlänglich deutlich. Insofern lassen sich die pauschalen Schlussfolgerungen zur Wirtschaftlichkeit der Wasserkraft im Memorandum nicht halten und werden auch nicht weiter belegt. Wasserkraft bedeutet Wertschöp-fung und Arbeitsplätze im ansonsten strukturschwachen ländlichen Raum. Sie ist häufig Zentrum der ländlichen Wirtschaft mit ihren Mühlen, Sägewerken und mittelständischen Betrieben. Viele Wasser-kraftanlagen nutzen ihren Strom selbst, ein wichtiger Standortvorteil für die ländliche Wirtschaft. Am Ende sollte den Betreibern selbst überlassen und zugetraut werden, in Kenntnis der Verhältnisse vor Ort, eigenverantwortlich, unter Inkaufnahme nicht unerheblicher wirtschaftlicher Risiken und hoher privater Investitionen, die unternehmerischen Entscheidungen über den wirtschaftlichen Betrieb einer Wasserkraftanlage zu treffen. Jeder Standort hat dabei seine ganz eigenen Voraussetzungen und Be-sonderheiten, die es gilt, in die Wirtschaftlichkeitsentscheidungen einzubeziehen. Dabei ist die beson-dere Langlebigkeit der Technik mit Lebensdauern bis zu 100 Jahren und mehr von großer Bedeutung, die denn auch hohe Anfangsinvestitionen rechtfertigen kann. Die laufenden Betriebskosten sind auf lange Sicht eher unerheblich, was die Robustheit und Wertigkeit dieser Technologie unterstreicht. So spielt die Wasserkraft ihre vielfältigen Vorteile vor allem auf mittlere und lange Sicht aus.

Kleine Wasserkraft ist gewässerökologisch verträglich und wird gesetzlichen Anforderungen gerecht

Die kleine Wasserkraft ist nicht umweltschädlich, wie im Memorandum pauschal behauptet und was als Begründung für die Verschlechterung der Rahmenbedingungen in der EEG-Novelle herangezogen wird. Dies wird schon allein daraus deutlich, dass der Betrieb einer Wasserkraftanlage ganz grundsätzlich einer wasserrechtlichen Genehmigung bedarf, die wiederum die Einhaltung der gewässerökologi-schen Anforderungen an die Wasserkraft vorrausetzt, die nach dem strengen Regime der EU-Wasser-rahmenrichtlinie (EU-WRRL) und dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gefordert werden. Dies betrifft insbesondere die Einhaltung der §§ 33-35 WHG, die die Durchgängigkeit eines Gewässers, den Fischschutz und das ökologisch erforderliche Mindestwasser regeln, und womit genau diese gewässeröko-logischen Anforderungen bereits im Genehmigungsverfahren durch die Wasserbehörden eingefordert, geprüft und genehmigt werden. Wirksame und praxiserprobte Technologien zur Herstellung der Durchgängigkeit und Gewährleistung des Fischschutzes sind vorhanden und werden bereits an vielen Wasserkraftanlagen eingesetzt. Praktisch alle kleinen Anlagen verfügen über Fischschutzeinrichtungen (Rechen) und auch ein großer Teil der Stauhaltungen an Wasserkraftanlagen ist bereits mit Fischtrep-pen durchgängig gestaltet. So ist bereits umfassend gewährleistet, dass die Wasserkraftnutzung um-welt- und fischverträglich erfolgt. Dass die Umsetzung ein schrittweiser Prozess ist, der nicht von heute auf morgen erfolgen kann, liegt auf der Hand, wird aber mit jeder Modernisierung eines Kraftwerkes weiter vorangetrieben. Die Wasserkraft wird damit dem strengen Regime der EU-WRRL gerecht.

Gerade aus gewässerökologischer Sicht macht es jedoch keinen Sinn, zwischen „großer“ und „kleiner“ Wasserkraft zu unterscheiden und willkürliche Grenzen zu deren Definition bei 1.000 kW oder 500 kW Leistung zu ziehen. Das Memorandum suggeriert, dass die sogen. große Wasserkraft aus gewässeröko-logischer Sicht per se unproblematisch, die sogen. kleine Wasserkraft demgegenüber „umweltschäd-lich“ sei. Die Unterscheidung und die Grenzen sind fachlich aber nicht begründbar, nicht sachgerecht und werden folgerichtig deshalb im Memorandum auch nicht belegt. Wasserkraft ist in hohem Maße skalierbar und damit in großen, mittleren und kleinen Einheiten wirtschaftlich und ökologisch verträg-lich realisierbar. Es kommt ganz und gar auf die Ausführung der Wasserkraftanlage und die getroffenen Vermeidungsmaßnahmen im Hinblick auf die Gewässerökologie an, nicht auf die Größe eines Kraft-werks. Es wird mit dieser konstruierten Grenze lediglich versucht, einen Keil zwischen „Groß“ und „Klein“ zu treiben. Am Ende richten sich die Aussagen des Memorandums eigentlich gegen die Was-serkraft insgesamt und soll die kleine Wasserkraft nur im ersten Schritt angegriffen werden.

Wasserkraft liegt im übergeordneten öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit

Die Behauptung, Wasserkraft liege nicht im öffentlichen Interesse, da der Gewässerschutz gemäß den Zielen der EU-WRRL überwiege, wird pauschal erhoben und nicht begründet. Sie lässt sich auch mit der EU-WRRL nicht bergründen, denn hier ist im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens eine nach-haltige Nutzung der Ressource Wasser ausdrücklich vorgesehen. Das Wasser wird durch die Wasser-kraft ja auch nicht verbraucht, sondern lediglich zur regenerativen Stromerzeugung genutzt und in gleicher Menge und Qualität im Anschluss dem Gewässer wieder zugeführt. Ganz im Gegenteil, das Wasser wird in den Turbinen und an den Wehren sogar mit Sauerstoff angereichert. Die tiefen Mühl-gräben halten das Wasser in Zeiten von Hitze und Trockenheit kühl und bieten den Fischen ausreichend Schutz vor Fressfeinden. Ganz im Gegenteil, gerade die Wasserkraft liegt im übergeordneten öffentli-chen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Angesichts des Klimawandels und der aktuellen geopolitischen Herausforderungen zählt jede kWh erneuerbare Energieerzeugung – gerade die ver-lässlich verfügbare, flexibel regelbare und netzdienliche erneuerbare Energieerzeugung aus Wasser-kraft. Bei Abschaffung der kleinen Wasserkraft könnte der Verlust an dieser Stromerzeugung nur durch den Import von Kohle-, Gas- oder Atomstrom kompensiert werden, denn Strom aus Wasserkraft ist stetig und grundlastfähig und kann nicht durch Wind- oder Solarenergie ersetzt werden.

Wasserkraft nicht verantwortlich für die fehlende Durchgängigkeit unserer Fließgewässer

Die Wasserkraftnutzung ist nicht der Hauptgrund für die vorhandenen Querbauwerke in unseren Fließ-gewässern, sondern meist nur eine zusätzliche Nutzung, die zudem nur an einem geringen Anteil dieser Bauwerke überhaupt erfolgt. Das Memorandum lässt außer Acht, dass in Deutschland mindestens 60.000 Querbauwerke unsere Fließgewässer fragmentieren, von denen höchstens 5% Wasserkraft-standorte sind. Die Wehre bestehen vor allem aus Hochwasserschutzgründen, Gründen der Schiffbarkeit, der Grundwasserregulierung und Trinkwassergewinnung in der Aue. Viele Wehre stehen unter Denkmalschutz. Zudem ist der Großteil unserer Gewässer durch umfangreichen Längsverbau und Sohl-befestigung geprägt. In einer seit Jahrhunderten vom Menschen geprägten Kulturlandschaft sind auch unsere Fließgewässer in einem Zustand, der weit von „natürlichen“ Verhältnissen entfernt ist. Das mag man bedauern, ist aber Fakt und sollte in der Beurteilung von Umweltwirkungen auf jeden Fall Berück-sichtigung finden. So stellt sich denn auch die Frage, wie die Wasserkraft „ursächlich“ für den schlech-ten ökologischen Zustand unserer Fließgewässer sein kann. Auch wird im Memorandum nicht thema-tisiert, welchen Einfluss die anderen 95% der Querbauwerke auf die Gewässerökologie nehmen und wie dort die Durchgängigkeit hergestellt werden soll. Das Memorandum bleibt weiterhin schlüssige Beweise schuldig, dass die Durchgängigkeit auch an kleinen Flüssen und insbesondere in den Oberläu-fen unserer Fließgewässer eine größere Biodiversität bewirkt. Es verwundert, dass prioritär der Rückbau derjenigen Querbauwerke angestrebt wird, die zur dezentralen grundlastfähigen Stromerzeugung genutzt werden. Weder die Methanthematik noch die hydromorphologischen Veränderungen als Folge von Begradigungen und hohem Einstau sind ursächlich der kleinen Wasserkraft anzulasten.

Zudem ist in Frage zu stellen, dass die Verwendung von Steuergeldern zum Rückbau von Querbauwer-ken eine nur annähernd kosteneffiziente Maßnahme zum Erhalt der Biodiversität darstellt. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass der Rückbau eines Betonquerbauwerks und der Ersatz mit einer rauen Stein-rampe in einem mittelgroßen Fluss rund zwei- bis dreimal höhere Kosten verursacht als die Bestückung des Querbauwerks mit einer ökologisch verträglichen Wasserkraftanlage, in deren Zuge gleichzeitig auch Fischauf- und -abstieg nach aktuellem Stand der Forschung errichtet werden. Die eingesparten Steuergelder sollten unseres Erachtens effizienter und mit größerer Wirkung für eine Revitalisierung der Fließgewässer und eine Verbesserung der Habitat-Strukturen z. B. durch die Anbindung von seitli-chen Zuflüssen und Parallelstrukturen verwendet werden. Ziel sollte die Herstellung der Durchgängig-keit in den Gewässerabschnitten sein, in denen Langdistanzwanderer wie der Aal, Lachs bzw. Huchen leben. Dazu muss aber nicht die Wasserkraftnutzung eingestellt werden, sondern ganz im Gegenteil, sollte die Wasserkraft gefördert werden, um die ökologische Verbesserung dieser Standorte zu ermög-lichen. In den kleinen Flüssen und deren Oberläufen ist die Herstellung der Durchgängigkeit zudem nicht zwingend erforderlich und im Einzelfall zu beurteilen, da die dort lebenden Fischarten wie die Forelle kein ausgeprägtes Wanderverhalten zeigen. Wasserkraft und Gewässerökologie sind im Ein-klang möglich – man muss es nur wollen und machen.

Dass die Ziele im Biodiversitäts- und Gewässerschutz in Deutschland verfehlt werden, liegt nicht an der Wasserkraft, sondern ist durch die insgesamt anthropogen geprägte Gewässerstruktur, vor allem aber dem schlechten chemischen Zustand des Wassers unserer Fließgewässer begründet. Hier sind insbe-sondere die vielfältigen Einträge von Nähr- und Schadstoffen aus Landwirtschaft und Kläranlagen, Pharmazeutika, Hormonen, Reifen- und Bremsabrieb etc. zu nennen, die die Qualität des Wassers ne-gativ beeinflussen und sich in ihrer Summe stark negativ auf die Ökologie und die Fischbestände aus-wirken. Dabei werden viele Substanzen und Spurenstoffe noch nicht einmal in die Analytik einbezogen und sind die vielfältigen Wirkungszusammenhänge weitestgehend unbekannt.

Forderungen des Memorandums fallen angesichts der aktuellen geopolitischen Lage aus der Zeit

Vor dem Hintergrund der schrecklichen Ereignisse in der Ukraine und der daraus resultierenden welt-weiten Verwerfungen an den Energie- und Rohstoffmärkten wird uns auf dramatische Weise vor Augen geführt, welch hoher Wert eine verlässliche, bezahlbare heimische Energieversorgung hat. Wäh-rend als Folge des Krieges in der Ukraine über den Weiterbetrieb von Atom- und Kohlekraftwerken nachgedacht wird, sollen die seit vielen Jahrzehnten, teils sogar mehr als hundert Jahren zuverlässig funktionierenden kleinen Wasserkraftanlagen stillgelegt werden. Genau die regenerative Energie, die stetig und ohne CO2-Emissionen grundlastfähigen Strom produzieren und damit neben der Bioenergie als einzige Erneuerbare fossil-atomare Stromproduktion ersetzen kann. Während unsere erdrückende Abhängigkeit von russischem Gas, Erdöl und Uran offensichtlich wird, und wir mit diesen Energien mit-helfen, einen Krieg zu finanzieren, der tausende von Menschenleben fordert, setzen wir den Forderungen des Memorandums folgend fahrlässig die eigene Energieversorgung und Energiesicherheit aufs Spiel. Das ist paradox und nicht nachvollziehbar. Natürlich war der Konflikt in seiner heutigen Ausprä-gung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Memorandums nicht absehbar. Umso mehr erscheinen die Forderungen aus heutiger Sicht vollkommen aus der Zeit gefallen.

Die Vermeidung der weiteren Erderwärmung und Eindämmung des Klimawandels stellt die zweite ak-tuelle globale Herausforderung dar, der wir mit Engagement und Nachdruck entgegentreten müssen, um die Zukunft der Erde und folgender Menschheitsgenerationen zu sichern. Die Begrenzung der Er-derwärmung hat höchste Priorität, weil alle anderen Faktoren direkt oder indirekt davon abhängen. So sind auch Umwelt- und Naturschutz, Arten- und Biodiversitätsschutz nur möglich, wenn zuvor dem Klimawandel effektiv begegnet wird. Ohne Klimaschutz wird Umwelt- und Artenschutz obsolet. Wenn mit viel Aufwand in einem naturnah wieder hergestellten Fließgewässer die Fische sterben, weil durch den Klimawandel das Flussbett austrocknet, ist auch dem Umwelt- und Artenschutz nicht geholfen. Somit ist effektiver Klimaschutz Friedensschutz und Klimaschutz bedeutet immer auch mehr Biodiver-sität, andersherum ist dies leider nicht der Fall. Daher ist grundsätzlich zu hinterfragen, ob die Biodiver-sität in derartig pauschaler und unausgewogener Weise gegen Anlagen ausgespielt werden sollte, die klimaschonend erneuerbare Energie gewinnen.

Wasserkraft ist ein wichtiger Teil der dezentralen Energiewende und Demokratisierung der Märkte

Die Energiewende muss wieder in kleineren Maßstäben und stärker dezentral und regional gedacht werden. Energie sollte möglichst dort produziert werden, wo sie gebraucht wird und in der Art und Weise, wie sie einer Region angepasst ist oder sogar dort schon existiert, weil sie historisch gewachsen ist. Die dezentrale Stromerzeugung in Kleinwasserkraftanlagen muss auch in Zukunft ein wichtiges Ele-ment der Energiewende, aber auch des zivilen Katastrophenschutzes bleiben. Sie kann sicherstellen, dass bei gezielten Attacken jeglicher Art wichtige Pfeiler einer zivilen Notversorgung weiter funktionie-ren und durch Notstrominselnetze krisenwichtige Infrastruktur wie der Betrieb von Krankenhäusern, die Trinkwasserversorgung etc. aufrechterhalten werden können. Auch im Falle eines flächendecken-den Blackouts ermöglicht es die Schwarzstartfähigkeit der Wasserkraft, die Stromerzeugung wieder aufzunehmen und Schritt für Schritt die Netze wieder aufzubauen. Dies unterstreicht die Bedeutung der Wasserkraft für die öffentliche Sicherheit und Daseinsvorsorge. Die Kleinwasserkraft hat eine jahr-hundertelange Tradition, die dem Menschen zu Wohlstand und Sicherheit verholfen hat. Sie sorgt für Akzeptanz der Erneuerbaren, weil sie schon immer da war. Wenn diese heimische Energieversorgung zerstört wird, geht ein Grundpfeiler dezentraler und stetiger Stromproduktion verloren, den wir für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und Energieunabhängigkeit dringend benötigen.

Rechtliche Einschätzung offenbart Verstöße u. a. gegen den Gleichheitsgrundsatz

Auch eine erste rechtliche Prüfung der Änderungsvorhaben für die Wasserkraft im Rahmen der EEG-Novelle 2023 wirft grundsätzliche Fragen auf. Die existenzgefährdende Diskriminierung von Wasser-kraftwerken unter 500 kW durch die von der Bundesregierung geplanten Änderungen des § 40 EEG verstoßen danach gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, denn es gibt zwischen den benachteiligten Wasserkraftwerken unter 500 kW und Wasserkraftwerken mit Leistungen ab 500 kW keine Unterschiede solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfer-tigen könnten. Mit der beabsichtigten Diskriminierung von Wasserkraftwerken unter 500 kW würde der Gesetzgeber zudem seinen verfassungsrechtlichen Spielraum für eine Typisierung zum Zweck der Benachteiligung überschreiten, denn Wasserkraftwerke sind das Gegenteil von Massenerscheinungen. Es handelt sich vielmehr stets um Unikate und selbst die kleinsten Wasserkraftwerke stehen unter enger behördlicher Überwachung.

Bei Entscheidungen über Ausnahmen nach § 31 Abs. 2 WHG zugunsten von Wasserkraftwerken soll die Gewichtungsvorgabe des geplanten § 2 Satz 1 EEG nicht zur Anwendung kommen. Für diese Dis-kriminierung der Wasserkraft insgesamt gegenüber der Windkraft und der Fotovoltaik gibt es weder sachliche noch rechtliche Gründe. Die implizite Behauptung des von der Bundesregierung beschlosse-nen „Osterpakets“, dass die gewässerökologischen Auswirkungen bei der Errichtung von Wasserkraft-werken komplexer seien als etwa die Errichtung von Windkraftanlagen in oder in der Nähe von FFH-, Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebieten, ist fachlich nicht haltbar.

EEG-Gesetzentwurf ist ein Desaster – Wasserkraft braucht Unterstützung statt Abschaffung!

Die Änderungen im Gesetzentwurf für die Wasserkraft sind kontraproduktiv im Sinne der klima- und energiepolitischen Zielerreichung und müssen dringend wieder gestrichen werden. Denn gerade die stetig verfügbare und netzstabilisierende Wasserkraft liegt im übergeordneten öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Die Einhaltung der §§ 33-35 WHG ist fachrechtlich hinlänglich geregelt, inklusive empfindlicher Sanktionsmöglichkeiten und bedarf keiner zusätzlichen Verknüpfung mit dem EEG. Zur Erreichung der klima- und energiepolitischen Ziele müssen Anreize für Investitionen in die Ertüchtigung und den Neubau von Wasserkraftanlagen gesetzt werden, anstatt einen Förder-stopp auszurufen. Der Ausschluss kleiner Wasserkraftanlagen <500 kW Leistung von der EEG-Vergü-tung gemäß § 40 EEG 2023 Absatz 1 muss dringend wieder rückgängig gemacht werden. Stattdessen wird empfohlen, die alte Vergütungsregelung fortzuschreiben und darüber hinaus eine neue Vergü-tungsklasse für Wasserkraftanlagen <100 kW einzuführen und deren Wirtschaftlichkeit mit einer kos-tendeckenden Vergütung von 19,5 €-Cent/kWh herzustellen. Auch die Degression der Vergütung nach § 40 EEG 2023 Absatz 5 ist zu streichen. Sie macht in einer ausgereiften Technologie mit Wirkungsgra-den von mehr als 90% und aufgrund zuletzt stark gestiegener Baukosten keinen Sinn. Ziel muss es sein, den Anlagenbestand zu sichern und die Potenziale zur Leistungserhöhung durch die Modernisierung des Bestands und den ökologisch verträglichen Ausbau an bereits bestehenden Stauanlagen zu heben. Denn „jede Kilowattstunde Erneuerbare Energie wird benötigt“, gerade auch die dezentrale, flexible, netzstabilisierende, insel-, notstrom- und schwarzstartfähige Stromerzeugung aus Wasserkraft.

Ansprechpartner:

Dr. Helge Beyer
Geschäftsführer
helge.beyer(at)wasserkraft-deutschland.de


Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V.

EUREF-Campus 16 – 10829 Berlin
Tel.: +49 (0)30 – 278 794 30
info(at)wasserkraft-deutschland.de
http://www.wasserkraft-deutschland.de